Witwenrente und Einkommensanrechnung
In Deutschland gibt es ca. 390.000 Witwen und Witwer (davon 302.000 weiblich) bis 54 Jahre. Daraus ergeben sich grundsätzlich Ansprüche auf große und kleine Witwenrenten.
Zusätzlich gibt es ca. 170.000 Geschiedene, von denen der Ex-Ehepartner verstorben ist. Etwa 100.000 haben nach dieser Ehe nicht mehr geheiratet. Davon sind ca. 50.000 alleinerziehend (nach § 46 (Abs. 2 SGB VI), so dass eigentlich ein Anspruch auf Erziehungsrente bestehen könnte. Eine ganz genaue Anzahl ist hier nicht mehr vorhanden. Die letzten Statistiken sind aus dem Jahr 2009.
Einkommensanrechnung
Bei der Erziehungsrente und Hinterbliebenenrente (z. B. Witwenrente) wird unter bestimmten Bedingungen das Einkommen auf die Rente angerechnet.
Bei Hinterbliebenen, die noch berufstätig sind, gibt es hier eine Möglichkeit die Kürzung zu reduzieren.
Beispiel Erziehungsrente:
Wenn ein Ehepaar geschieden (oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft aufgelöst) wird
und der frühere Ehepartner oder Lebenspartner verstirbt,
dann hat der überlebende Ehegatte / Lebenspartner einen Anspruch auf eine Erziehungsrente.
Diese Erziehungsrente wird so lange geleistet, bis das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat oder bei körperlich, geistig oder seelisch behinderten Kindern (§ 46 (2) AGB VI) bis zur Regelaltersgrenze des überlebenden Ex-Ehepartners.
Die Erziehungsrente kann jedoch auch frühzeitig entfallen, wenn der überlebende Ex-Ehepartner wieder heiratet.
Einzelheiten ergeben sich aus § 47 SGB VI (z. B. es wird ein Kind erzogen, das nicht einmal vom verstorbenen Expartner sein muss).
Im Jahr 2017 wurden ca. 8.500 Erziehungsrenten gezahlt. Aufgrund verschiedener Auswertungen von Statistiken hatten 2017 etwa 50.000 Versicherte einen Anspruch auf Erziehungsrente.
Bei der Berechnung der Einkommensanrechnung spielen viele unterschiedliche Faktoren eine Rolle.
Zunächst kommt es auf die Einkommensart an. Von dieser Einkommensart wird dann zunächst ein Pauschalbetrag abgezogen. Einzelheiten sind in § 18 ff SGB IV geregelt.
Ein Beispiel verdeutlicht dies.
Gerda M. (wohnhaft in Hamburg, 40 Jahre, geschieden und alleinerziehend von einem Kind (8 Jahre) hat ein Bruttoeinkommen als Angestellte von mtl. 3.000 Euro im letzten Jahr verdient (keine Sonderzahlungen). In diesem Jahr hat sie das gleiche Bruttoeinkommen.
Daraus ergibt sich folgende Berechnung:
Bruttoeinkommen mtl. |
3.000 € |
abzgl. Pauschal 40% |
1.200 € |
= fiktives Nettoeinkommen |
1.800 € |
Von diesem fiktiven Nettoeinkommen wird nun ein Freibetrag abgezogen. Der Freibetrag beträgt (ab 1.7.2019):
Für Gerda M.: | |
26,4 x 33,05 (32,03 bis 30.6.2019) (aktueller Rentenfaktor 2019 West) |
860,62 € (845,59 €) |
Für das Kind: | |
5,6 x 33,05 (32,03 € bis 30.6.2019 (aktueller Rentenfaktor 2019 West) |
185,08 € (179,37 €) |
Freibetrag (§ 97 SGB VI) gesamt: |
1.045,70 € (1.024,96 €) |
Aus der Differenz des fiktiven Nettoeinkommens (1.800 €) und dem Freibetrag (1.045,70 € - alt: 1.024,96 €) ergibt sich eine Differenz von 754,30 € (Alt: 775,04 €).
Davon 754,30 € (Alt: 775,04 €) werden 40 % auf die Rente angerechnet (=301,72 €; Alt: 310,02 €). Die Witwenrente/Erziehungsrente würde in diesem Fall um 301,72 € (Alt: 310,02 €) gekürzt.
Die Kürzung kann jedoch auch geringer ausfallen, wenn Gerda M. durch bestimmte Möglichkeiten ihr Bruttoeinkommen reduziert.
Das Bruttoeinkommen kann beispielsweise durch eine Entgeltumwandlung reduziert werden. So könnte Gerda M. durch eine Entgeltumwandlung Beiträge in eine Unterstützungskasse über den Arbeitgeber einbezahlen. Hierdurch würde dann das Bruttoeinkommen um den Umwandlungsbetrag reduziert.
Noch besser wäre, wenn sie eine Entgeltumwandlung als Direktversicherung mit dem Arbeitgeber vereinbart.
So könnte sie beispielsweise auf 200 Euro Gehalt verzichten und somit ihr Bruttoeinkommen absenken. Durch den Verzicht spart sie direkt mtl. Steuern und auch Sozialversicherungsabgaben. Zusätzlich wird die Hinterbliebenenrente weniger gekürzt, wie nachfolgend deutlich wird.
Hierdurch sinkt die Steuer (inkl. Ki.st.) – 46,38 € – und die Sozialabgaben um
39,60 €, also gesamt um 85,98€.
Zusätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet einen 15 %igen Zuschuss (§ 1a Abs. 1a BetrAVG) auf den umgewandelten Beitrag von 200 € zu bezahlen.
Viele Arbeitgeber gewähren inzwischen jedoch auch Arbeitgeberzuschüsse zwischen 20-50 %.
Arbeitnehmer-Bruttoaufwand: |
200,00 € |
Abzüglich Steuer-/Sozialversicherungsersparnis: |
85,98 € |
Nettoaufwand: |
114,02 € |
Berücksichtigt man in diesem Beispiel nur den Mindestzuschuss des Arbeitgebers, dann ergibt sich folgende Berechnung:
Gertrud M. erhält somit auf Ihren Nettoaufwand von 114,02 €)
einen Zuschuss durch Steuern, Sozialabgaben und Arbeitgeberbeitrag
von 115,98 € (etwas mehr als 100 % Zuschuss). (85,98 € + 30 €)
Interessant ist nun, wie sich diese Direktversicherung
auf die Einkommensanrechnung der gesetzlichen Witwenrente bzw. Erziehungsrente auswirkt.
Von diesem fiktiven Nettoeinkommen wird nun ein Freibetrag abgezogen. Der Freibetrag beträgt (2019):
Bis 30.06.2019
Für Gerda M.: | |
26,4 x 32,03 (aktueller Rentenfaktor 2019 West) |
845,59 € |
Für das Kind: | |
5,6 x 32,03 € (aktueller Rentenfaktor 2019 West) |
179,37 € |
Freibetrag (§ 97 SGB VI) gesamt: |
1.024,96 € |
Seit 1.7.2019
Für Gerda M.: | |
26,4 x 33,05 (aktueller Rentenfaktor 1.7.2019 West) |
860,62 € |
Für das Kind: | |
5,6 x 33,05 (aktueller Rentenfaktor 1.7.2019 West) |
185,08 € |
Freibetrag (§ 97 SGB VI) gesamt: |
1.045,70 € |
Aus der Differenz des fiktiven Nettoeinkommens (1.680 €) und dem Freibetrag (1.045,70 €) ergibt sich ab 1.7.2019 eine Differenz von 634,30€.
Davon (634,30 €) werden 40 % auf die Rente angerechnet (= 253,72 €). Die Witwenrente/Erziehungsrente würde in diesem Fall um 253,72 € gekürzt.
Durch den Nettoaufwand von 114,02 € für die Direktversicherung wird bei der Witwenrente/Erziehungsrente 48 € mehr ausgezahlt.
Somit ist der tatsächliche Aufwand für die Direktversicherung nur noch 66,02 €.
Durch einen Nettoaufwand von 66,02 Euro erhält Gerda M.
eine Direktversicherung im Wert von 230 Euro.
Für Ihren Nettoaufwand von 66,02 € erhält sie somit einen Zuschuss von 248,38 %.
Für Gerda M. bedeutet dies eine zusätzliche Altersversorgung.
Diese muss natürlich in der Auszahlungsphase versteuert und in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung verbeitragt werden.
Allerdings kann auch der Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag entfallen, wenn eine bestimmte Freigrenze bei der Rente der Direktversicherung nicht überschritten wird (§ 229 SGB V i. V. mit § 226 SGB V).
Aufgrund unterschiedlicher Einkommensarten, Einkommenshöhen und dem unterschiedlichen Lebensalter sollte jeder Fall individuell von einem Fachmann / Fachfrau geprüft werden.